Weder Zäune noch Alpakas
Initiative wehrt sich gegen Beschränkung des Zugangs zu öffentlichen Parks
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https://www.bmgev.de/mieterecho/archiv/2025/me-single/article/weder-zaeune-noch-alpakas/
„Sie haben so viele hübsche Bäume und Fahrräder auf Ihrer Webseite. Ein Zaun mit Eisentoren, Videoüberwachung und Flutlichtern passt nicht ins Bild. Ist das der Grund, warum das Projekt auf Ihrer Website nicht zu finden ist?“ Diese Frage stellte die Initiative Görli 24/7 in einem Offenen Brief an die Grün Berlin GmbH. Das landeseigene Unternehmen wirbt auf seiner Webseite damit, für „klimaschonende und klimaresiliente Stadtentwicklung“ verantwortlich zu sein. Keinen Hinweis gibt es auf das Projekt, wegen dem Grün Berlin jetzt in der Kritik steht. Mitte Dezember 2024 erteilte der Berliner Senat dem Unternehmen den Auftrag, den Görlitzer Park in Kreuzberg „mit einer stabilen Umfriedung auszustatten“ . Mit dem Zaun soll es künftig möglich werden, den Park nachts zu schließen.
In Kreuzberg sorgen die Pläne zur Errichtung des Zauns seit Monaten für Ärger und Konflikte zwischen dem Bezirksamt und dem Senat. Auch die in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg vertretenen Parteien lehnen die Umzäunung des „Görli“, wie der Park dort nur genannt wird, mehrheitlich ab. Der Zaunbau ist mittlerweile zu einem Symbol der Machtpolitik des Berliner Senats gegenüber dem Bezirk geworden. CDU und SPD wollen sich mit dem Zaun als Law and Order-Parteien präsentieren, die angeblich etwas gegen Drogenhandel und Kriminalität tun. Damit wird der Görli von konservativen Politiker/innen und Medien immer wieder in Verbindung gebracht.
Während die Bezirkspolitik vor allem juristisch gegen die Umzäunung des Görli vorging, wehrt sich ein außerparlamentarisches Bündnis seit Monaten mit vielen Aktionen rund um den Görli gegen den Zaun. Mit dem Unternehmen Grün Berlin rücken die Zaungegner/innen nun auch diejenigen in den Fokus der Kritik, die für die Errichtung des Zauns verantwortlich sind. In dem Offenen Brief wurden zahlreiche Gründe aufgeführt, die dagegen sprechen. So werden in dem Schreiben die ökologischen Folgen des Zauns angesprochen und Kritikpunkte von Naturschutzorganisationen wie dem BUND aufgelistet. „Der Görli wurde in großen Teilen in Eigeninitiative von Anwohner/innen und trotz Widerstand der Stadt zu einem Park und Erholungsgebiet gemacht. Nun will die Stadt ihn uns Anwohnenden wegnehmen“, betont eine Aktivistin von Görli 24/7. Mit der Zahlenkombination soll die Forderung deutlich werden, den Park rund um die offenzulassen. „Er ist ein sozialer Ort der Begegnung, an dem Menschen zusammenkommen, ohne Geld ausgeben zu müssen, an dem sich obdachlose Menschen ausruhen können, an dem Geburtstage gefeiert werden und Sport gemacht wird“, so die Begründung der Zaungegner/innen.
Der „Görli“ ist kein Einzelfall
Tatsächlich werden derartige Orte ohne Konsumzwang nicht nur in Kreuzberg von Politiker/innen und Medien immer wieder stigmatisiert. Menschen mit wenig Geld sollen vertrieben werden. Das war in den 1990er Jahren auch am Helmholtzplatz im Stadtteil Prenzlauer Berg der Fall. Damals protestierten Stadtteilorganisationen mit „Picknicks für alle“ gegen die Verdrängung armer Menschen an diesen Ort. Später gab es ähnliche Aktionen rund um den Leopoldplatz im Wedding. Auch hier ging es um die Verdrängung armer Menschen, die von konservativer Seite als „Drogenabhängige und Trinker“ diffamiert werden.
Das geschieht aktuell auch beim Münsinger Park in unmittelbarer Nähe des S-Bahnhofs Spandau. „Berlins nächster Drogen-Park? Angst vor einem Görli in Spandau“, lautete die Schlagzeile der Boulevardzeitung BZ am 10. Januar. Im Münsinger Park sollen Alpakas bei der Verdrängung der Unerwünschten helfen. Dass Tiere statt Zäune zur Verdrängung armer Menschen sorgen sollen, ist für Paul von der Initiative Görli 24/7 nicht hinnehmbar. Die Initiative fordert eine soziale Politik und Räume für alle Menschen, statt die Errichtung von Zäunen. In den nächsten Monaten sind weitere Proteste unter dem Motto „Der Görli bleibt offen für alle“ geplant. Wenn es wieder wärmer wird, könnte es in dem Park auch Stadtteilversammlungen geben, in denen gemeinsam beraten wird, wie das erreicht werden soll.