Wir haben uns noch nie so sicher gefühlt

Infos zur massiven Verschärfung des Polizei- und Ordnungsrechts in Berlin. Gegen den Irrtum, Überwachung und Aufrüstung schaffe Sicherheit.

Geht es nach den Plänen des Berliner Senats soll das Berliner Polizei- und Ordnungsrecht noch 2025 massiv verschärft werden.

Konkret geht es um die Neufassung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG). Die Berliner Verfolgungsbehörden dürfen demnach bald noch härter und heimlicher, mit insgesamt mehr Befugnissen, an mehr Orten und mit dem Einsatz neuer Überwachungstechnologien vorgehen.

Setzt sich der Kontrollwahn durch, heißt das: Schutz der Privatsphäre, Bewegungsfreiheit und sichere Kommunikation goodbye.

ASOG-Novelle auf einen Blick

Flächendeckende Überwachung

Die Novelle sieht eine, 24-Stunden-Live-Überwachung an „Kriminalitätsbelasteten Orten“ (KbOs) vor. In Berlin gibt es sieben dieser Orte, deren Grenzen jedoch bewusst im Dunkeln gelassen werden. Hier sollen KI-gestützte Systeme „auffälliges“ Verhalten identifizieren und anlasslose Polizeikontrollen legitimieren – was faktisch zu pauschalen Kontrollen von Passant*innen, zur Legitimierung von Racial Profiling, sowie der Vertreibung von beispielsweise wohnungslosen Menschen führt. Auch an rund 700 „gefährdeten Objekten“ sowie bei öffentlichen Großveranstaltungen wird die Überwachung massiv ausgeweitet. Die Polizei soll außerdem künftig unter gewissen Umständen in privaten Wohnungen filmen dürfen – ein gravierender Eingriff in das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung.

Technologie als Kontrollinstrument

Mit der ASOG-Novelle bekommt die Polizei die Befugnis, Kommunikationsmittel heimlich zu überwachen und Software zur Ausspähung von Geräten (z.B. Smartphone, Laptop) zu installieren. Die sogenannte „Quellen-Telekommunnikationsüberwachung“ (Quellen-TKÜ) und die Online-Durchsuchung ermöglichen es, verschlüsselte Kommunikation live zu verfolgen und persönliche Daten zu durchforsten, ohne dass Betroffene etwas davon wissen. Zur Installation der Software soll sie heimlich Wohnungen betreten dürfen. KI-Software wird eingesetzt, um riesige Datenmengen auszuwerten – vom Abgleich biometrischer Daten mit sozialen Netzwerken oder Presse bis hin zur automatisierten Analyse von Verhaltensmustern.

Präventiv repressiv

Die Reform dehnt präventive Eingriffsbefugnisse auf Kontakt- und Begleitpersonen von Verdächtigen aus und senkt die Voraussetzungen für polizeiliche Maßnahmen, indem bereits eine Nähe zur Gefahrenquelle ausreichen kann. Ein Beispiel dafür ist die Änderung der „Gefährderansprache“, bei der künftig schon ein bloßer Verdacht ausreicht, um Menschen zuhause oder am Arbeitsplatz aufzusuchen und öffentlich bloßzustellen.

Auch die elektronische Fußfessel, die zunächst zum „Schutz“ vor Sexualstraftätern daherkommt, könnte präventiv beispielsweise gegen Verdächtige im Kontext von § 129 StGB (kriminelle Vereinigung) angewendet werden – etwa linke Aktivist*innen.

„Superdatenbank“

Die Novelle schafft eine gigantische Datenbank, in der Bewegungsprofile, Verhaltensmuster und Sozialkontakte gesammelt und ausgewertet werden – und das ohne konkreten Anlass. Künftig werden nicht nur Bild- und Tonaufzeichnungen von KbOs und öffentlichen Veranstaltungen in diese Datenbank einfließen, sondern auch biometrische Daten und Informationen aus kommerziellen sowie polizeilichen Quellen. Funkzellenabfragen, automatisierte Kennzeichenerfassung und der Einsatz von Drohnen zur Überwachung runden das System ab – eine orts- und verhaltensübergreifende Überwachung der Menschen in Berlin wird damit zur neuen Realität.

Polizeiliche Gewaltmittel

Zukünftig soll die Polizei auch gegen den Willen von Betroffenen Blutproben entnehmen dürfen, wenn ein „Verdacht“ besteht – etwa aufgrund diskriminierender Unterstellungen wie dem Verdacht auf eine Infektionskrankheit.

Neben üblicher polizeilicher Gewalt wurde dem Einsatz von Tasern, schon mit der ASOG-Novelle 2023 der Weg bereitet. Nun soll der „finale Rettungsschuss“ eingeführt werden – der gezielte Todesschuss – auch ohne vorherige Androhung. Damit wird die Polizei in die Lage versetzt, unter weitgehend unklaren Umständen tödliche Gewalt anzuwenden.

Sicher Nicht!

Auch wenn nicht alle Gesetzesvorhaben durchkommen, die Stoßrichtung ist klar. Was die Behörden „Sicherheit“ nennen, heißt für viele Menschen in Berlin: Verdrängung, Überwachung, Repression.

Während sozialen Trägern und kulturellen Einrichtungen Gelder in Millionenhöhe gestrichen werden und soziale Strukturen wegbrechen, fließen immense Ressourcen in den Ausbau dystopischer Überwachungstechnologien. Protest und marginalisierte Gruppen werden kriminalisiert und Persönlichkeitsrechte attackiert.

Diese Politik des massiven Ausbaus staatlicher Überwachungs- und Kontrollinstrumente treibt die autoritäre Wende voran. Sie baut Sicherheitsbehörden zum zentralen Instrument aus, um rassistische, patriarchale und neoliberale Gewalt durchzusetzen. Die vielfältigen sozialen Fragen, die die Menschen in dieser Stadt beschäftigen, werden ignoriert.

Wir wenden uns entschieden gegen diese Politik der Überwachung, Repression und Kontrolle.

Für den Erhalt möglichst sicherer Orte und widerständiger Organisierung.

Stay safe, stay rebel!

Görli 24/7

Wrangelkiez United!

A-Cats

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