Berlin am 6. August 2024
An den Vorstand, die Mitarbeitenden und den Aufsichtsrat Grün Berlin Gmb, Ullsteinhaus, 3. OG, Mariendorfer Damm 1, 12099 Berlin
Guten Tag,
Sie wurden vom Berliner Senat mit der Umsetzung des geplanten Görli-Umbaus beauftragt. Diese umfasst neben der Umzäunung mit Eisentoren und Flutlichtern einen großflächigen Kahlschlag, radikale Schnittmaßnahmen und Buschrodungen.
Laut der Webseite der Grün Berlin GmbH ist ihr Auftrag, „nachhaltige Infrastrukturen für Berlin [zu schaffen], die Klimaschutz und -resilienz, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und gesellschaftlichen Zusammenhalt” fördern. Sie möchten mit „sicheren und barrierefreien Verkehrslösungen […] den Umweltverbund aus Fuß-, Rad- und öffentlichem Nahverkehr“ attraktiver gestalten. Außerdem möchten Sie öffentliche Räume so entwickeln, dass Berlin „nach den Bedürfnissen seiner Bewohner*innen gestaltet ist“.
Die für den Görli geplanten Maßnahmen widersprechen diesem Auftrag diametral.
Die geplanten Maßnahmen und die geplante Schließung werden nicht nur vom größten Teil der Anwohner*innen, lokalen Trägern und Initiativen und der Bezirkspolitik rundheraus abgelehnt, sondern auch von Organisationen wie dem BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) und ADFC (Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club).
Bei der Planung des Görli-Umbaus wurde der Arten- und Naturschutz missachtet. Deshalb spricht sich der BUND Berlin gegen den Senats-Plan aus und erklärt in seiner Pressemitteilung, dass die Sträucher und Hecken „ein wichtiger Lebens- und Brutraum zahlreicher Vogelarten“ und Fledermäuse sind. Der Görli ist „ein besonderes Stück Berliner Stadtnatur, Erholungsort für Anwohnende aus der dicht bebauten Umgebung und Naturerfahrungsraum für Kinder – und vieles andere.“ Urbane Naturräume bieten Klimaregulation und Luftverbesserung. Der vorgesehene Kahlschlag ist diesem Nutzen abträglich.
Der ADFC Berlin stellt fest, dass die nächtliche Schließung eine deutliche Verschlechterung für Radelnde bedeutet: „Der Park [ist] nicht nur ein Aufenthaltsort, sondern sehr wichtig als Querung zwischen Falckensteinstraße und Glogauer Straße. Auch nachts findet hier viel Verkehr statt, insbesondere am Wochenende. Morgens fahren vor sechs Uhr Leute durch den Park zur Arbeit. Diese Verbindung würde durch eine nächtliche Schließung des Parks unterbrochen werden. Sowohl Fußgänger als auch Radfahrer müssten dann einen bis zu 700 Meter langen Umweg nehmen.“ Gerade Menschen, die im Rollstuhl sitzen oder nicht gut zu Fuß sind, werden dadurch behindert.
Der Görli wurde in großen Teilen in Eigeninitiative von Anwohner*innen und trotz Widerstand der Stadt, zu einem Park und Erholungsgebiet gemacht. Nun will die Stadt ihn uns Anwohnenden wegnehmen. Ab Sonnenuntergang soll er geschlossen werden. Er ist ein sozialer Ort der Begegnung, an dem Menschen zusammenkommen, ohne Geld ausgeben zu müssen, an dem sich obdachlose Menschen ausruhen können, an dem Geburtstage gefeiert werden und Sport gemacht wird. Zumindest halbtags wird uns aber auch ein öffentlicher Raum weggenommen und damit auch ein Raum der gemeinsamen politischen Willensbildung. Im Görli wird diskutiert, es finden politische Versammlungen statt, soziale Initiativen werden gestartet.
Wir wundern uns, wie Sie diesen Auftrag guten Gewissens übernehmen konnten und fragen uns, was Sie den Einschätzungen vom BUND, dem ADFC, dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg und den großen und vielfältigen Bündnissen in der Nachbarschaft entgegenzusetzen haben? Sie haben so viele hübsche Bäume und Fahrräder auf Ihrer Website. Ein Zaun mit Eisentoren, Videoüberwachung und Flutlichtern passt nicht ins Bild. Ist das der Grund, warum das Projekt auf Ihrer Website nicht zu finden ist?
Wir möchten Sie darauf aufmerksam machen, dass all diese Maßnahmen keine Probleme lösen, aber viele neue Probleme verursachen werden. Wir fordern Sie als Grün Berlin GmbH hiermit auf, die Umsetzung der vom Senat geplanten Maßnahmen am Görlitzer Park abzulehnen, und dies auch öffentlich zu kommunizieren. Alle Arbeitenden bei der Grün Berlin GmbH laden wir ein, sich dem Protest gegen den Zaun anzuschließen, die Anweisungen aus der Politik zu ignorieren oder auch „kreativ“ zu bearbeiten.
Mit einem kämpferischen „Unser Görli bleibt offen!“
Görli 24/7